Der eisige Winter verzog sich nur langsam. Allen war diese Kälte noch in den Knochen verblieben, welche sie die letzten Monate hatten erleiden müssen. Es war so schön endlich wieder wärmende Sonnenstrahlen spüren zu können, wenn man nach draußen ging und es eben einmal nicht regnete. Das war wohl der Nachteil dieser Jahreszeit: Das Wetter. Aber damit mussten sie leben.
Der Winter hatte einige Opfer gekostet. Gestorben war ihnen keiner, aber manche hatten sich abgeseilt und waren in wärmere Regionen der Erde verschwunden und die übrigen Schleicher konnten nur beten, dass ihre einstigen Freunde noch am Leben waren und dies vorallem sicher und glücklich. Dieser Frühling würde sicherlich vieles Neues bringen, auf was man nun noch gar nicht vorbereitet sein konnte und es sich im Traum nicht erahnen konnte.
Die Erde war feucht, aber soeben hatte der Regen einmal gestoppt und der Sonne Vortritt gelassen. Hektor hatte sich in die Frühlingssonne verliebt. Vor der zerfallenen Kirche jag er zusammengerollt auf einem Stein, der sich unter den Strahlen auch aufwärmte. Das Schlänglein fand endlich Gefallen und einen vorteil an seiner tierischen Form. Die Sonnenenergie aufzunehmen war so einfach für das Reptil und es war einfach nur schön nicht mehr in Lumpen frieren zu müssen. Genüsslich zischte er vor sich hin, während er sich von dem Wetter für wohl nur eine kurze Zeit verwöhnen ließ. Aber diese Zeit genoss er in vollen Zügen und vergas den ganzen Grauen des eisigen Winters, welcher hinter ihm lag. Die Gruppe hier kannte er inzwischen auch schon besser, scheute sich dennoch noch vor fast jedem. Sie mochten ja nette Adern haben, aber bei gewissen Personen fühlte er sich durchgehend unwohl und ungeliebt.
Lorei schimpfte über dieses Kirchendach. Die Löcher im Dach hatten sie nicht flicken können. Womit denn auch? Sie hatten kein Baumaterial und auch kein Geld sich dieses zu leisten. Geschweige denn einen Biber, der ihnen Bäume fällen konnte. Aber genau dieser Fakt war der Grund dafür, dass sie sich beschwerte. Der Schnee schien ihr nicht so gegen den Strich gegangen zu sein, aber der Regen nervte sie abscheulich. Sie übertrieb natürlich, wenn sie meinte, egal, wo sie stehe, sie würde von Regen durchnässt werden, aber Recht hatte sie wohl auch etwas. Diese Kirche hatte wesentlich bessere Tage hinter sich und niemand kümmerte sich um sie. Dem Staat war dieser Ort egal. Ob dieser wohl wusste, dass hier nur noch "Gesinde" lebte? Eigentlich war das ja auch egal... sie lebten hier und hatten es gut... zumindest in den Augen normaler Schleicher, die sich mit einem Dach über den Kopf zufrieden gaben. Für die zickige Frau war es der Horror! Deshalb klagte sie ja auch täglich mehrfach über diesen Fakt.
Auf Grund einer gewissen Madame, die ihn wirklich viel abverlangte, war Kei gleich früh des Morgens verschwunden. Er hatte nichts gegen Lorei, aber gegen ihre Lästerein gegenüber des Gotteshauses. Um sich nicht selbst zu verlieren, hatte er sich Don geschnappt, ihn auf seine Schulter gesetzt und war gegangen. Die giftige Spinne, welche der Schleicher als Freund anerkannt hatte, schien wie Schmuck auf dem schmutzigen Mantel, den er trug. Somit erregte das Tier auch keine direkte Aufmerksamkeit. Lächelnd lief er durch das arme viertel Paris´. Er kehrte bei einem Bäcker ein und kaufte von seinem wenigen Geld einen Laib Brot und verließ den Laden dann wieder. Lächelnd stellte sich der Gläubige hin und verteilte das Brot an die hungernden, bettelnden, armen Kinder.
Diese Welt war schlecht und ungerecht, das war Kei klar und genau deshalb hoffte er auf ein besseres Zeitalter in nicht all zu ferner Zukunft, für welches kein Krieg nötig wäre. Keine erneute französische Revolution. Den Blick richtete er gen Himmel, nachdem er einem kleinen Mädchen ein Stück abgebrochen hatte und beobachtete, wie schnell die Wolken doch ihren Standort wechselten und das Wechselspiel von Sonne und Schatten zunahm.
Bald wird es wohl wieder regnen...
dachte er laut vor sich hin, während er weiter lief und das Brot denen gab, die es brauchten, zumindest, so lange der Vorrat reichte wollte er diesen mit den anderen teilen. In seinen Augen, hatten die es nötiger als er. Er könne sich als Rier sein Essen fangen und trat dabei kaum in Konkurrenz mit anderen und mit Don zu teilen war ihm ein leichtes.